..... Ingrid Kreytenbergs Bilder zu sehen,
ist wie guten Worten zu lauschen. Würden die Augen nicht unbedingt
weiter schauen wollen, ließen sich die Lider bereits nach kurzer Zeit
schließen – allein, um dem Klangspektrum der Farben nachzuhorchen. Ihren
Bildern kann man sich offensichtlich blind anvertrauen. Was löst diesen
sinnlichen Widerhall in uns aus? Können Farben klingen? Die Künstlerin
selbst würde das unbedingt bejahen. Wir behaupten, dass ihre Farben auch
erzählen können. Geschichten, die tief in uns gründen und aufsteigen,
wenn der Blick sich in Ingrid Kreytenbergs Farbwelten senken darf.
In der Betrachtung ihrer Bilder kehrt sich der ursprüngliche Malvorgang
in der Durchdringung des Werkes um. Das, was die Künstlerin in
raumgreifenden Gesten Schicht für Schicht an Farbe übereinander legt,
quastet, streicht und verreibt, tritt uns in der ersten Begegnung als
die Einheit eines fertiges Tafelbildes entgegen. Doch der vermeintlich
letzte Firnisüberzug beginnt sich alsbald aufzulösen. Das
zweidimensional anmutende Schichtenmodell, mit dem Ingrid Kreytenberg
uns in jeder ihrer Arbeiten konfrontiert, weitet sich bei näherem
Hinschauen beständig auf. Gleich einer unwiderstehlichen Einladung zieht
es uns tiefer hinein in einen weiten und unbekannten Raum, gespickt mit
diffusen Lichtkabinetten und glimmenden Dunkelkammern. Der
Erkenntnisprozess beginnt beim Durchmessen, beim rückwärtigen
Durchdringen der farbgesättigten Leinwand, geschuldet einem Impuls der
Neugier, aber auch der Ahnung unverbrauchter Augenblicke ..... [
VOLLVERSION
]
|